Jannik Schümann über "1984", Verteidigung queerer Freiheiten, Musicals und sein Coming-Out
QUEERKRAM - Podcast autorstwa Johannes Kram präsentiert von queer.de - Soboty
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Schauspieler Jannik Schümann spricht über seine Rolle im neuen Audible-Hörspiel „1984“, die Aktualität von George Orwells Roman und sein spektakulär unspektakuläres Coming-out vor vier Jahren. Es war eines der wichtigsten öffentlichen Coming-outs der letzten Jahre: Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2020 stellte Schauspieler Jannik Schümann auf Instagram erstmals seinen Partner Felix vor. Auf dem Schwarz-weiß-Foto umarmt der 28-Jährige auf einer romantischen Winterwiese seinen heutigen Verlobten, der ihm einen liebevollen Kuss auf die Stirn gibt. Schümann selbst lächelt dabei glücklich in die Kamera. Zum Foto postete der Filmstar nichts außer ein rotes Herz-Emoji. Über das spektakulär unspektakuläre Coming-out vor vier Jahren spricht Johannes Kram mit Jannik Schümann im neuen QUEERKRAM-Podcast – und kann dem Schauspieler einige bislang unbekannte Details entlocken. So hat der heute 32-Jährige seinen Instagram-Post zum Fest der Liebe nicht nur genau geplant, sondern sogar mit einem Countdown mit Sekt, Partner und Freund*innen eingeläutet. „Ich wollte kein Exklusiv-Interview geben“, erzählt er. „Ich wollte nicht sagen: ‚Ich bin schwul‘.“ Seine bislang öffentlich nicht bekannte Homosexualität habe beiläufig in einem Instagram-Post „einschleusen“ wollen. Gegenüber seiner Familie hat sich Schümann schon mit 18 Jahren geoutet, gegenüber der Öffentlichkeit ließ er sich Zeit. „Ein Outing hat immer was mit Selbstliebe zu tun“, meint der Schauspieler im Gespräch mit Johannes Kram. „Ich konnte das vorher noch nicht in der Gesellschaft veröffentlichen, weil ich einfach selbst noch nicht so weit war oder weil ich noch nicht den Partner an meiner Seite hatte, mit dem ich das hätte machen können, und weil ich einfach den Mut und das Standing nicht hatte, zu sagen: ‚Ey, wenn ihr das jetzt scheiße findet und mich in der Branche nicht akzeptiert, dann ist das auch nicht Branche für mich‘.“ Seiner Karriere hat das Coming-out nicht geschadet, im Gegenteil. Seit 2021 ist er in der erfolgreichen RTL-Serie „Sisi“ als Kaiser Franz Joseph I. zu sehen, in der Kinokomödie „Chantal im Märchenland“ überzeugte er zuletzt im Frühjahr als Prinz Bechtold. Seit 1. November leiht er im neuen Audible-Original-Hörspiel „1984“ seine Stimme der heterosexuellen Hauptfigur Winston Smith. „Ich wollte das sofort machen“, auch wenn der Roman von George Orwell ein „großer Brocken“ sei, erzählt Jannik Schümann im Podcast – und spricht über die Herausforderung und gleichzeitig Chance, Gefühle ausschließlich mit Hilfe seiner Stimme zu transportieren. Orwell habe „1984“ in den 1940er Jahren geschrieben, sagt er. „und das ist Buch ist superaktuell.“ Als schwuler Mann habe er natürlich einen persönlichen Bezug zu der im Roman beschriebenen Ausgrenzung und Zermürbung von Minderheiten in einer diktatorischen Gesellschaft. „Ich hatte alle Freiheiten“, kommentiert er den neuen Rechtsruck. Wir spüren ja gerade, wie einem die Freiheiten wieder genommen werden.“ Im Gespräch mit Johannes Kram geht es auch um Schümanns erste queere Rolle in „Die Mitte der Welt“, Liebesbriefe von jungen Schwulen, die Initiative #ActOut, die er mit großem Engagement unterstützte, seine bewegende Rede 2023 im Deutschen Bundestag bei der Gedenkstunde für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus, Liebesszenen vor der Kamera, den Druck bei Dreharbeiten und kleine Zusammenbrüche, wenn die letzte Klappe fällt, sowie Musicals als Safe Space für queere Menschen. Apropos Musicals. Dass Jannik Schümann noch viel vorhat, zeigte er kürzlich als Moderator des Deutschen Musicaltheaterpreises, wo sich der ehemalige „Mozart“-Kinderdarsteller und große „Billie Elliot“-Fan singend und tanzend (und alles anders als zurückhaltend) für eine Musicalrolle ins Gespräch brachte. Sein Traumrolle will er im Podcast nicht verraten – aber vielleicht wird ja ein Musical extra für ihn geschrieben… Als queerer Hauptdarsteller könnte Jannik Schümann erneut Geschichte schreiben. .- Micha Schulze, queer.de, 2.11.2024